Bensheim & Umgebung, Umwelt & Naturschutz, Vereinsorganisation & Ehrenamt

Strom vom Dach, nicht von der Wiese – wie Klimaschutz wirklich nachhaltig wird

Dieser Blog läuft mit Neugier, Kaffee und einer guten Portion Idealismus. Ich schreibe, recherchiere, gestalte und pflege das alles in meiner Freizeit – damit regionale Themen, Engagement und gute Geschichten sichtbar bleiben. Wenn dir das gefällt, freue ich mich über eine kleine Unterstützung.
Jeder Beitrag hilft, dass ich diesen Blog mit der nötigen Zeit und Sorgfalt weiterführen kann. Danke dir!

Jetzt Kaffee spendieren ☕

Artikelinfo
Titelbild: © DALL-E3
Bisher 105 mal gelesen, davon heute 1 mal
Lesedauer | 11 Minuten


Ein persönlicher Blick auf PV-Ausbau, Freiflächenkonflikte und ein gelungenes Gegenbeispiel aus der Region

Der Ausbau der erneuerbaren Energien gilt als zentrales Instrument im Kampf gegen die Klimakrise. Das hat sich längst herumgesprochen – ebenso wie die Tatsache, dass wir dabei keine Zeit mehr verlieren dürfen. Doch während überall von Energiewende und Klimaschutz die Rede ist, stellt sich eine unbequeme Frage: Auf wessen Kosten geschieht dieser Wandel? Und noch konkreter – auf welchen Flächen? Die Energiewende braucht Tempo – aber auch Verantwortung. Während in Hessen immer mehr Photovoltaik-Projekte auf landwirtschaftlichen Flächen geplant werden, bleiben tausende Dächer, Parkplätze und versiegelte Areale ungenutzt. Der zunehmende Ausbau von Freiflächen-PV bringt neue Zielkonflikte zwischen Klimaschutz und Naturschutz. Dabei zeigen Beispiele wie die TSV Auerbach: Es geht auch anders – lokal, effizient und ganz ohne Flächenverbrauch. Dieser Artikel erklärt, warum der Ausbau auf Dächern Vorrang haben muss, welche Risiken mit PV-Anlagen „auf der grünen Wiese“ verbunden sind – und wie Bürgerenergie zur echten Alternative wird.

Zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Es klingt zunächst nach einer guten Nachricht: In Hessen wird die Energiewende endlich ernst genommen. Überall entstehen neue Photovoltaik-Projekte, Kommunen verweisen stolz auf ihre Klimaziele, und Förderprogramme sollen den Ausbau weiter beschleunigen. Doch hinter dieser Dynamik verbirgt sich ein Problem, das bislang zu wenig diskutiert wird – und das im Kern die Glaubwürdigkeit der gesamten Klimapolitik in Frage stellt.

Exkursion: Vögel in der Stadt 22. Juni 2025 • 07:00 Uhr • Königshalle Lorsch
NABU Logo Mauersegler

Denn obwohl der Konsens über die Notwendigkeit erneuerbarer Energiequellen wächst, geraten dabei immer häufiger andere Schutzgüter unter die Räder: fruchtbare Böden, artenreiche Lebensräume und lokal gewachsene Landschaften. In vielen Kommunen werden neue Baugebiete ausgewiesen, Photovoltaikfelder „auf der grünen Wiese“ geplant, Ausgleichsmaßnahmen kreativ gerechnet – und das alles unter dem Deckmantel einer angeblich nachhaltigen Entwicklung.

Dabei wäre die Lösung so einfach wie naheliegend: Dächer zuerst. Die Nutzung bereits bebauter und versiegelter Flächen – von Dächern über Parkplätze bis hin zu Lärmschutzwänden – verursacht kaum zusätzliche Eingriffe in Natur und Landschaft. Trotzdem bleiben diese Potenziale vielerorts ungenutzt, während gleichzeitig wertvolle Flächen für Großprojekte geopfert werden. Ein Widerspruch, der nicht nur Klima, sondern auch Natur und Akzeptanz gefährdet.

Doch es geht auch anders. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) fordert seit Jahren eine klare Priorität für gebäudeintegrierte Photovoltaik. In seinem Hintergrundpapier zur Agri-Photovoltaik ebenso wie in der Resolution zur naturverträglichen Energiewende wird deutlich: Eine echte Energiewende darf nicht gegen den Naturschutz ausgespielt, sondern muss mit ihm gestaltet werden. Und genau hier setzt dieser Beitrag an: Er zeigt auf, warum der flächensparende Ausbau von Solarenergie entscheidend für Klima- und Artenschutz ist. Und er stellt ein lokales Beispiel vor, das verdeutlicht, wie ambitionierte Energiewende auch ohne Landschaftsverbrauch gelingen kann – die Photovoltaik-Initiativen der TSV Rot-Weiß Auerbach.

Ein Sportverein? Ja, richtig gehört. Während an vielen Orten Konzepte diskutiert oder verwässert werden, ist in Auerbach längst etwas entstanden, das als Best-Practice gelten darf. Und das Beste daran: Es wurde ganz ohne Flächenversiegelung realisiert – stattdessen mit Ideen, Partnerschaft und bürgernaher Beteiligung.

Warum der Flächenverbrauch zum Problem wird

Flächen sind endlich. Und doch tun viele Planungsbehörden und Projektentwickler so, als seien sie unbegrenzt verfügbar – gerade wenn es um Bauvorhaben, Verkehrsprojekte oder Energiegewinnung geht. Was dabei oft übersehen wird: Der Boden ist nicht nur irgendeine Ressource, sondern eine zentrale Lebensgrundlage – für Menschen, Tiere, Pflanzen, Wasserhaushalt und Klima. In Hessen werden laut Monitoringbericht des Landes regelmäßig über 2 Hektar pro Tag an Fläche neu versiegelt – durch Siedlungen, Gewerbe, Straßen oder technische Infrastruktur. Dabei hatte sich die Landesregierung selbst das Ziel gesetzt, den Flächenverbrauch bis 2030 auf 2,5 Hektar pro Tag und bis 2040 auf netto null zu senken. Doch mit der Realität hat das bisher wenig zu tun.

Statt klare Leitplanken zu setzen, wurde zuletzt sogar ein Rückschritt beschlossen: Die Änderung der hessischen Dorferneuerungsrichtlinie entbindet Kommunen künftig von der Pflicht, zunächst Innenentwicklungspotenziale auszuschöpfen, bevor Neubauflächen ausgewiesen werden. Was das bedeutet? Neubaugebiete im Außenbereich werden attraktiver – weil es weniger Regeln und mehr Fördergeld gibt. Aus Sicht des NABU Hessen ist das ein Bruch mit den eigenen Klimazielen – und ein Rückfall in längst überwunden geglaubte Planungsmuster.

Besonders kritisch ist aus Sicht des NABU, dass in landeseigenen Programmen – etwa bei der Förderung kommunaler Entwicklung oder in der Energiepolitik – zu wenig Wert auf ökologische Kriterien gelegt wird. Während der Ausbau der Freiflächen-PV vielerorts beschleunigt wird, bleiben wichtige Impulse zur besseren Nutzung bereits versiegelter Flächen aus. Förderprogramme setzen kaum Anreize für Dachanlagen auf öffentlichen Gebäuden oder für die Integration von Agri-PV mit echter landwirtschaftlicher Nutzung. Damit wird nicht nur wertvolle Fläche verschwendet, sondern auch politisches Vertrauen verspielt.

Anstatt ökologisch wertvolle Flächen aufzugeben und gleichzeitig an starren Förderlogiken festzuhalten, braucht es endlich ein neues Landesleitbild, das Klima-, Arten- und Bodenschutz als untrennbare Einheit denkt – und nicht als bürokratisch nebeneinanderstehende Zielkonflikte verwaltet. Der NABU fordert deshalb eine umfassende Kurskorrektur in der hessischen Landesplanung: Mit klaren Prioritäten für Innenentwicklung, gesetzlich verankerten Flächensparzielen, gezielter Förderung naturverträglicher Energieformen und einem Ende der planerischen Beliebigkeit.

Schleichende Zerstörung – mit Konsequenzen für alle

Was bei vielen Bebauungsplänen wie ein lokal begrenztes Problem wirkt, ist in Wahrheit ein systemischer Konflikt: Die fortschreitende Zerschneidung von Landschaftsräumen, die Umwandlung landwirtschaftlicher Flächen und der Verlust ökologisch wertvoller Biotope summieren sich zu einem dramatischen Rückgang der Biodiversität. Amphibien verlieren ihre Wanderkorridore, Insekten ihre Rückzugsräume, Vögel ihre Brutgebiete.

Gleichzeitig verlieren wir mit jeder versiegelten Fläche auch ein Stück klimatischer Resilienz: Böden speichern Wasser, regulieren Hitze und sind unverzichtbar für die Landwirtschaft der Zukunft. Werden sie zubetoniert oder mit Solarmodulen auf einstigen Feuchtwiesen belegt, gehen genau diese Funktionen verloren – dauerhaft.

Schönrechnen statt schützen

Ein besonderes Problem stellt die Praxis der sogenannten Zielabweichungsverfahren in der Regionalplanung dar. Hier können Kommunen in Abstimmung mit der Landesplanung von eigentlich verbindlichen Zielen abweichen – etwa wenn es um die Ausweisung neuer Siedlungs- oder Energieflächen geht. Kritiker – darunter auch der NABU – sehen darin ein Einfallstor für großflächige Neuversiegelungen, oft ohne belastbare Alternativenprüfung oder ökologische Bewertung.

Nicht selten wird dabei mit fragwürdigen Methoden gearbeitet: Ackerflächen werden zu Magerwiesen „hochgestuft“, um rechnerisch Biotopwerte zu generieren, die vermeintlich einen Ausgleich schaffen. In Wirklichkeit entsteht kein ökologischer Gewinn, sondern ein Nettoverlust an Naturwert – auf dem Papier hübsch kaschiert. Deshalb fordert der NABU auf allen Ebenen: Innenentwicklung vor Außenentwicklung. Dachflächen vor Freiflächen. Qualität vor Quantität. Wer die Energiewende wirklich naturverträglich gestalten will, muss das Gesamtsystem im Blick behalten – und darf Boden- und Artenschutz nicht dem Ausbauziel opfern.

Denn die Frage lautet längst nicht mehr, ob wir erneuerbare Energien brauchen, sondern wie wir sie intelligent und zukunftsfähig integrieren. Und genau hier liegt die Chance: Wenn Kommunen, Vereine und Bürger:innen gemeinsam kreative Lösungen umsetzen, können Klimaschutz, Naturschutz und gesellschaftliche Teilhabe in Einklang gebracht werden.

Kritik an Freiflächenprojekten in Bensheim – Beispielhafte Zielkonflikte

Dass der Ausbau der Photovoltaik nicht automatisch naturverträglich ist, zeigen zwei aktuelle Beispiele aus Bensheim: In den Bereichen „An der Hartbrücke“ und „Kühruhlachwiesenäcker“ sollen größere PV-Freiflächenanlagen entstehen – zum Teil auf ökologisch sensiblen Flächen. Die örtliche NABU-Gruppe Bensheim/Zwingenberg hat zu beiden Vorhaben ausführliche Stellungnahmen abgegeben und dabei teils erhebliche Bedenken geäußert. Kritikpunkte betreffen unter anderem die Ausgleichsberechnung, bei der durch rechnerische Umdeutung von Acker- zu Magerwiese ein Biotopwertgewinn suggeriert wird – obwohl real ein ökologischer Verlust entsteht. Auch fehlen bei einem der Projekte klare Vorgaben zu Rückbauverpflichtung, Biodiversitätsmaßnahmen und Modulabständen. Besonders problematisch ist zudem die geplante Überbauung von Feuchtzonen, die als Rückzugsräume für Amphibien und Insekten dienen.

Diese Fälle verdeutlichen das Dilemma vieler Freiflächenprojekte: Gut gemeint, aber planerisch zu wenig durchdacht – und mit dem Risiko, Naturschutz gegen Klimaschutz auszuspielen, statt beide Ziele zu verbinden. Der NABU fordert deshalb nicht nur einen naturverträglichen Ausbaupfad, sondern auch eine ehrliche Prüfung von Alternativen und eine klare politische Priorisierung: Dachflächen, versiegelte Flächen und echte Agri-PV – vor Neuversiegelung auf freiem Feld.

Photovoltaik naturverträglich gedacht – das fordert der NABU

Photovoltaik gilt zu Recht als zentrale Säule der Energiewende. Denn im Gegensatz zu fossilen Energieträgern oder zur Windkraft in sensiblen Lebensräumen bietet sie einen klaren Vorteil: Sie lässt sich vergleichsweise konfliktarm in bereits bestehende Infrastrukturen integrieren. Doch statt dieses Potenzial konsequent zu nutzen, wird vielerorts der falsche Weg eingeschlagen – mit riesigen Solarparks auf einstigen Acker- oder Feuchtflächen, oft mit zweifelhaftem ökologischen Nutzen.

Solardachpflicht statt Solarwiese

Bereits 2021 hat der NABU auf seiner Bundesdelegiertenversammlung eine deutliche Resolution verabschiedet: Gefordert wird eine verbindliche Solardachpflicht für alle geeigneten öffentlichen Gebäude, Gewerbeimmobilien sowie private Neubauten und Sanierungen. Ziel ist es, versiegelte Flächen systematisch und prioritär für die Solarenergie zu nutzen – und gleichzeitig Natur und offene Landschaften zu schonen.

Warum? Weil jede PV-Anlage auf einem Dach, einem Parkplatz oder an einer Fassade keine zusätzliche Fläche verbraucht, keine Lebensräume zerschneidet und keine neuen Zielkonflikte mit Landwirtschaft oder Artenschutz erzeugt. Stattdessen entstehen dezentrale, bürgernahe Lösungen – oft direkt dort, wo der Strom gebraucht wird. Diese Priorisierung ist nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch effizient: Denn durch Eigenverbrauch, Speicherlösungen und kurze Leitungswege kann Solarstrom auf Gebäuden wirtschaftlich betrieben werden – besonders bei steigenden Energiepreisen und Netzentgelten.

Agri-PV – eine sinnvolle Ergänzung mit Regeln

Gleichzeitig weist der NABU darauf hin, dass auch die sogenannte Agri-Photovoltaik – also die Kombination von PV-Anlagen mit aktiver landwirtschaftlicher Nutzung – ein Baustein der Energiewende sein kann. Allerdings nur unter klaren Bedingungen:

  • Die landwirtschaftliche Nutzung muss im Vordergrund stehen – reine Weidehaltung oder Pseudo-Begrünung reichen nicht.
  • Es müssen ökologische Mehrwerte entstehen, z. B. durch Blühstreifen, Altgraszonen oder pestizidfreie Bewirtschaftung unter den Modulen.
  • Die Anlagen dürfen nicht in Schutzgebieten oder auf ökologisch hochwertigen Flächen entstehen – also weder in Natura-2000-Gebieten, noch auf gesetzlich geschützten Biotopen oder auf Feuchtwiesen mit besonderer Funktion für Amphibien und Bodenbrüter.

Aus Sicht des NABU sind daher vertikale oder nachgeführte Agri-PV-Anlagen – etwa sogenannte Solarzäune oder Solarbäume – deutlich besser geeignet als klassische, flächendeckende Solarparks. Sie ermöglichen eine Mehrfachnutzung, reduzieren die Flächenkonkurrenz und können – bei guter Planung – sogar die Biodiversität fördern.

Gesetzliche Rahmenbedingungen fehlen vielerorts

Trotz dieser Empfehlungen fehlen in vielen Bundesländern noch immer klare rechtliche Regelungen. Weder im Baugesetzbuch noch in der Baunutzungsverordnung gibt es eine definierte Nutzungskategorie für Agri-PV. Die Folge: Genehmigungsverfahren bleiben langwierig, aufwändig und oft willkürlich. Auch Förderprogramme hinken hinterher. Während Dach-PV in vielen Fällen ohne Zuschüsse finanziert werden muss, erhalten Freiflächenprojekte über Ausschreibungen feste Vergütungen – was einen Fehlanreiz zugunsten der Flächenversiegelung schafft.

Der NABU fordert deshalb:

  • EEG-Boni für Naturverträglichkeit (z. B. bei nachweislich biodiversitätsfördernden Maßnahmen),
  • die Schaffung eines Sondergebiets „Agri-PV“ im Baurecht,
  • und eine Reduzierung des sogenannten Referenzertragswerts, um Intensivierungsdruck auf landwirtschaftlichen Flächen zu vermeiden.

Also? PV ja – aber nicht um jeden Preis

Photovoltaik ist ein Schlüssel zur Klimaneutralität. Doch wie bei jeder Infrastruktur gilt: Die Form entscheidet über die Folgen. Werden Dächer und versiegelte Flächen zuerst genutzt, können Klima- und Naturschutz Hand in Hand gehen. Werden hingegen artenreiche Offenlandflächen überbaut, drohen neue Zielkonflikte – diesmal nicht zwischen fossiler Industrie und Natur, sondern zwischen Klimaschutz und Biodiversität. Die gute Nachricht: Es gibt bereits Initiativen, die zeigen, wie es besser geht. Eine davon liegt direkt vor unserer Haustür – und genau die stellen wir im nächsten Abschnitt vor.

Empfehlung
Jetzt lesen!
Zwischen Wald und Wein – dein Ferienhaus in Bensheim

Praxisbeispiel TSV Auerbach: Klimaschutz vom Dach aus

Während in vielen Kommunen noch diskutiert wird, ob und wo Photovoltaikanlagen errichtet werden sollen, hat ein Sportverein aus Bensheim längst gehandelt – still, solide und zukunftsorientiert. Die TSV Rot-Weiß Auerbach zeigt, wie eine kluge, naturverträgliche Energiewende auf lokaler Ebene umgesetzt werden kann – ohne Fördermillionen, ohne politische Schaukämpfe, aber mit Überzeugung und Planung.

Jugendzentrum: Solarstrom mit Speicher, Eigenverbrauch und Verstand

Bereits Anfang 2025 wurde auf dem Dach des Jugendzentrums (Gebäude C) eine Photovoltaikanlage mit Batteriespeicher installiert – komplett finanziert über eine private Großspende und eine Förderung des Kreises, ohne einen einzigen Euro aus dem TSV-Etat.

Die Daten sprechen für sich:

  • 48 PV-Module mit 21,6 kWp Leistung
  • Jahresproduktion: ca. 22.200 kWh
  • Speicher mit 16,6 kWh Kapazität
  • Nutzung für Gebäude C und A über einen gemeinsamen Zähler

Berechnet wurde, dass bei einem durchschnittlichen Stromverbrauch von 11.000 kWh pro Jahr bis zu 8.900 kWh selbst genutzt werden können. Der verbleibende Überschuss von etwa 13.300 kWh wird ins Netz eingespeist – bei einer Vergütung von 7,4 Cent/kWh. Durch diese Kombination ergibt sich eine doppelte Entlastung: Stromkostenersparnis von rund 2.580 € jährlich bei gleichzeitigem Einspeiseertrag von etwa 950 € – bei weiterhin steigenden Netzbezugskosten eine kluge Investition.

Nach nur 7,5 Jahren wird sich die Anlage amortisiert haben. Und das Beste: Der Batteriespeicher ist erweiterbar – sollte der Eigenverbrauch zukünftig steigen. Diese Flexibilität zeigt, wie weitsichtig geplant wurde. Parallel wurde auch darauf geachtet, Arbeiten an der Hauselektrik mit der Küchenmodernisierung abzustimmen – praktisch gedacht, nicht ideologisch.

Icon
VEREINSSERVICE - Angebote für Vereine, die anpacken
Webseiten, Öffentlichkeitsarbeit, Organisation & Struktur
Mehr erfahren

🔌 Stromdaten der TSV Auerbach (Gebäude C)

  • Stromverbrauch (2023): ca. 11.000 kWh (Gebäude A & C)
  • PV-Erzeugung: ca. 22.200 kWh/Jahr
  • Eigenverbrauch: rund 8.900 kWh
  • Einspeisung: ca. 13.300 kWh zu 7,4 ct/kWh → ca. 950 € p. a.
  • Stromeinsparung: ca. 2.580 € p. a. bei 29 ct/kWh
  • Amortisationszeit: ca. 7,5 Jahre
  • Finanzierung: 100 % Spende & Förderung

Sport- und Bildungszentrum: Kooperation mit Bürgerenergie

Für das benachbarte Sport- und Bildungszentrum (Gebäude D) geht die TSV neue Wege. Dort wird nicht selbst investiert, sondern mit der Energiegenossenschaft Starkenburg eG kooperiert – einer regionalen Bürgergenossenschaft mit über 1.300 Mitgliedern, gegründet 2010 in Heppenheim. Die Genossenschaft pachtet das Dach gegen eine Nutzungsgebühr und errichtet darauf eine Photovoltaikanlage mit 70 kWp zur Volleinspeisung ins Netz der GGEW.

Geplante Jahresproduktion: ca. 63.000 kWh – genug, um etwa 30 Durchschnittshaushalte zu versorgen. Für die TSV bedeutet das:

  • Kein finanzielles Risiko
  • Kein administrativer Aufwand
  • Ein zusätzlicher Beitrag zur lokalen Energiewende

Und auch hier wird Bürgerbeteiligung großgeschrieben: TSV-Mitglieder können sich mit 2.000 € an der Anlage beteiligen – davon 1.800 € als verzinstes Nachrangdarlehen, 200 € als Genossenschaftsanteile. Bei 3 % Zinsen und zuletzt 8 % Dividende bietet das Projekt nicht nur ideellen, sondern konkreten finanziellen Nutzen – ohne dabei die Verantwortung auszulagern. Die Energie bleibt in Bürgerhand.

☀️ PV-Projekt der Energiegenossenschaft

  • Anlagenleistung: 70 kWp
  • Erzeugung: ca. 63.000 kWh/Jahr
  • Nutzung: Volleinspeisung ins Netz der GGEW
  • Projektpartner: Energiegenossenschaft Starkenburg eG
  • Vertragsmodell: Dachpacht über 20 Jahre
  • Beteiligung: für TSV-Mitglieder möglich
  • Investition: 2.000 € (1.800 € Darlehen, 200 € Genossenschaftsanteile)
  • Rendite: 3 % Zinsen + Dividende (z. B. 8 % in 2023)

➡️ Jetzt informieren & mitmachen auf energiestark.de

Ausblick: Energiewende als fortlaufender Prozess

Schon jetzt wird der dritte Schritt vorbereitet: Nach der anstehenden Dachsanierung soll auch Gebäude A mit einer PV-Anlage ausgestattet werden – wieder durch die Energiegenossenschaft Starkenburg. Besonders spannend: Es ist geplant, die Vereinsgaststätte künftig direkt mit Solarstrom vom Dach zu versorgen – zu einem günstigeren Preis. Das zeigt: Dezentrale Energiewende kann auch wirtschaftlich sinnvoll sein. Nicht nur für Großunternehmen, sondern auch für Vereine, Gastronomie, Bildungseinrichtungen – überall dort, wo Raum, Dachflächen und Gemeinschaftsgeist zusammenkommen. Die Kombination aus Eigenverbrauch, Bürgergenossenschaft und Dachnutzung ist ein Musterbeispiel für nachhaltige Energiewende auf lokaler Ebene – ohne Flächenfraß, ohne Zielkonflikte mit dem Naturschutz. Es zeigt, dass Vereine mehr sind als Sportstättenbetreiber – sie sind Teil der Lösung.

Bürgerbeteiligung – wie Mitglieder profitieren können

Die Energiewende ist nicht nur eine technische Herausforderung – sie ist auch eine Frage von Teilhabe, Vertrauen und Gemeinsinn. Denn wer glaubt, dass der Wandel zu einer klimafreundlichen Energieversorgung allein durch Großprojekte internationaler Investoren gelingt, übersieht einen entscheidenden Punkt: Die Akzeptanz vor Ort. Gerade in Zeiten wachsender Skepsis gegenüber Politik und Planung brauchen Energieprojekte nicht nur gute Technik – sie brauchen glaubwürdige Träger, faire Beteiligung und nachvollziehbare Strukturen. Genau hier setzt das Modell der Energiegenossenschaft Starkenburg an, das gemeinsam mit der TSV Auerbach für Gebäude D umgesetzt wird.

Statt an einen anonymen Betreiber oder einen kommerziellen Investor zu verpachten, hat sich die TSV bewusst für die Energiegenossenschaft Starkenburg eG entschieden – eine unabhängige, überparteiliche Bürgergenossenschaft, die seit über einem Jahrzehnt in der Region aktiv ist. Ihr Anspruch: Klimaschutz in Bürgerhand. Und das funktioniert so: Damit ist das Modell ein klassisches Win-Win-Prinzip: Die TSV gewinnt eine klimafreundliche Lösung ohne Aufwand. Die Genossenschaft erhält ein solides Projekt. Die Region profitiert von zusätzlichem Ökostrom.

Empfehlung
Jetzt lesen!
Mit Herz und Engagement: Cornelia Engels Hilfsprojekte für Kinder in Tansania

Solidarische Rendite statt Greenwashing

Im Gegensatz zu vielen groß beworbenen Energieinvestments, bei denen Nachhaltigkeit oft nur ein PR-Label ist, basiert dieses Modell auf echter Wertschöpfung: regional, transparent und gemeinwohlorientiert. Die TSV-Mitglieder erhalten nicht nur finanzielle Rückflüsse – sie wissen auch genau, wo ihr Geld arbeitet, was es bewirkt und wem es nützt. Kein Börsenkurs, kein Risiko im Ausland, keine Zweckgesellschaft mit Sitz in Luxemburg – sondern ein reales Projekt in der Nachbarschaft, bei dem alle Seiten profitieren.

Und ganz nebenbei zeigt dieses Beispiel, was oft vergessen wird: Bürgerenergie ist keine nostalgische Idee aus Ökodörfern. Sie ist ein strategischer Schlüssel, um die Energiewende gesellschaftlich zu verankern. Ohne sie werden weder Klimaziele noch Akzeptanz erreichbar sein.

Verantwortung vor Schnelligkeit

Die Klimakrise duldet keinen Aufschub. Doch genau deshalb braucht es bei ihrer Bewältigung nicht nur Tempo, sondern auch Haltung. Denn wer glaubt, Klimaschutz sei ein Selbstzweck, der jedes Mittel rechtfertigt, übersieht, dass es hier nicht um Geschwindigkeit allein, sondern um die Art und Weise geht, wie wir diesen Wandel gestalten. Klimaschutz darf nicht gegen Naturschutz ausgespielt werden. Wer zur Beschleunigung der Energiewende auf ökologisch wertvolle Flächen zugreift, Biotope verdrängt oder landwirtschaftlich genutzte Böden opfert, untergräbt die Grundlagen genau jenes Wandels, den er vorgibt zu fördern. Das Ergebnis: Naturverlust, gesellschaftlicher Widerstand und ein tiefer Vertrauensbruch gegenüber demokratischen Verfahren.

Darum braucht die Energiewende eine klare Richtung – und keine Ausflüchte. Der NABU hat sie seit Jahren formuliert: naturverträglich, flächensparend und sozial eingebettet. Das bedeutet konkret: Dächer, Fassaden und bereits versiegelte Flächen zuerst. Hier entsteht Solarstrom ohne neuen Flächenverbrauch – mit maximaler Effizienz und minimalem Konfliktpotenzial. Agri-Photovoltaik nur dort, wo landwirtschaftliche Nutzung erhalten bleibt und ökologische Mehrwerte geschaffen werden können – z. B. durch Blühstreifen, Extensivierung oder innovative Bewirtschaftungskonzepte. Freiflächenprojekte nur als ultima ratio – niemals auf Kosten artenreicher Lebensräume, gesetzlich geschützter Biotope oder unzerschnittener Offenlandbereiche.

Was sich in vielen politischen Leitlinien theoretisch gut anhört, wird in Auerbach längst praktisch umgesetzt – und zwar nicht durch politische Gremien oder Konzerne, sondern durch einen Sportverein, der sich seiner Verantwortung bewusst ist. Die TSV Rot-Weiß Auerbach hat vorgemacht, wie Energiewende konkret aussehen kann – verantwortlich, lokal und ohne ideologische Überhöhung. All das wurde realisiert, ohne einen einzigen Quadratmeter Boden zu versiegeln. Keine Ausgleichsmaßnahmen, keine Biotopumdeutungen, kein Verzicht auf landwirtschaftliche Flächen. Stattdessen: Verantwortung durch intelligente Nutzung vorhandener Strukturen. Die TSV zeigt damit, dass Verantwortung nicht durch Größe, sondern durch Haltung definiert wird. Dass auch ein Verein Energiewende gestalten kann – und dabei sogar andere mitnimmt: Mitglieder, Bürger:innen, Partner. Genau solche Beispiele braucht es jetzt – nicht als Leuchttürme, sondern als alltagstaugliche Blaupausen für eine kluge Energiewende in Bürgerhand.

Was wir daraus lernen können

  • Vereine sind mehr als Freizeitangebote – sie können Reallabore der Zukunft sein.
  • Energiepolitik muss mit den Menschen gemacht werden – nicht über ihre Köpfe hinweg.
  • Klimaschutz funktioniert nicht gegen den Naturschutz, sondern nur gemeinsam.

Wer also wirklich nachhaltige Entwicklung will, muss bereit sein, Verantwortung neu zu denken – nicht als administratives Ziel, sondern als Haltung: gegenüber kommenden Generationen, gegenüber unserer Umwelt und gegenüber der Gesellschaft, in der wir leben. Gerade in dicht besiedelten Regionen wie Südhessen sind die Dachflächen, Schulhöfe, Parkplätze und Hallendächer längst keine grauen Nebenflächen mehr – sie sind unsere klimatische Ressource Nr. 1.

Die gute Nachricht: Die Technik ist da. Die Praxisbeispiele sind da. Was fehlt, ist oft nur der politische Wille, das Richtige zuerst zu tun.

🌿 Wer kann anfangen?

  • 🏛️ Kommune: Du arbeitest in Verwaltung oder Politik?
  • 🤝 Verein: Du engagierst dich im Vorstand oder Projektteam?
  • 🔍 Bürger:in: Du willst einfach wissen, wie’s geht?

Dann fang auf deinem eigenen Dach an – oder bring deine Ideen in Vorstand, Gemeinderat oder Genossenschaft ein. Veränderung beginnt da, wo du bist.

Kleinstadtheld Logo

Wie hat Dir der Artikel gefallen?

Bewerten
1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne (Keine Bewertungen bisher)
Loading...

 


 

Zuletzt aktualisiert am 19. Juni 2025

Gaststätte Weiherhaus
Inh. Eugenia Stehle
Restaurant Vereinsheim TSV Auerbach


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Das könnte Dich auch interessieren...

Weitere beliebte Artikel...